Therapie & Pädagogik

Die Lebensphase des Übergangs vom Jugend- zum frühen Erwachsenenalter zeichnet sich bei vielen jungen Menschen dadurch aus, dass sie im Zusammenhalt mit ihren Familien einen relativ langen Übergangsprozess von Schule, Ausbildung und Start ins Berufsleben durchlaufen. Unter anderem zeigen die Ergebnisse der Jugendforschung, dass die Ablösung vom Elternhaus zunehmend später stattfindet und junge Menschen mittlerweile in der Regel erst Mitte des dritten Lebensjahrzehnts ihr Leben selbst in die Hand nehmen. Die mit diesen gesellschaftlichen Entwicklungen verbundenen komplexen Prozesse "verunsichern, erfordern individuelle Bewältigungs- und Anpassungsleistungen und gehen deshalb mit einem erhöhten Risiko des Scheiterns einher". Im Besonderen betrifft dies die jungen Menschen, die einen oftmals erheblichen Teil ihres Lebens in einer stationären Einrichtung der Erziehungshilfe verbracht haben und für die die Hilfe im Zuge der Verselbstständigung rund um die Erlangung der Volljährigkeit beendet wird ("Care Leaver"). Denn im Gegensatz zu Kindern und Jugendlichen, die in ihren Herkunftsfamilien aufwachsen, können sie "zumeist nicht auf ein gesichertes familiäres beziehungsweise sozial gewachsenes Netz aus materiellen und immateriellen Unterstützungsleistungen und sozialen Beziehungen zurückgreifen".

Diesen erschwerten Voraussetzungen wird innerhalb des Systems der Kinder- und Jugendhilfe allerdings in der Regel nur unzureichend Rechnung getragen. Denn trotz der vom Gesetzgeber vorgesehenen Möglichkeit zur Durchführung von Hilfen für junge Volljährige (§ 41 SGB VIII) zumindest bis zum 21. Lebensjahr sind stationäre erzieherische Hilfen in der Praxis zumeist darauf ausgerichtet, junge Menschen möglichst frühzeitig, das heißt, mit oder kurz nach Erlangung der Volljährigkeit, in die Selbstständigkeit zu entlassen. 

In der Arbeit mit psychisch auffälligen und/oder psychiatrisch erkrankten Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Intensivbereich zeigt sich ein besonders hoher Bedarf für die Planung nach dem Aufenthalt in den therapeutischen, stationären Jugendhilfeeinrichtungen. Der Schritt in eine eigene Wohnung ist häufig zu früh und, verglichen mit der zuvor engmaschigen Betreuung im Intensivbereich, zu groß. Anschlusseinrichtungen für Erwachsene, die es einerseits in ausreichender Form gibt, bilden jedoch andererseits einen stark abweichenden Altersdurchschnitt, (oft ab 30 Jahren aufwärts), so dass sich die jungen Heranwachsenden dort fehl am Platz fühlen. 

Therapie

In den Wohnformen Unicus und AWG kann, ergänzend zur pädagogischen Begleitung eine therapeutische Unterstützung, zum Beispiel zur Aufarbeitung und zum Umgang mit bestimmten Problembereichen, sinnvoll sein.

Bei Bedarf besteht die Möglichkeit, regelmäßige therapeutische Einzelgespräche zu führen.

Hierzu stehen drei Dipl.-Psychologinnen mit verhaltenstherapeutischer Zusatzqualifikation und zwei systemische Beraterinnen aus dem internen therapeutischen Fachdienst zur Verfügung. 

Eine psychiatrische Begleitung ist über die Kooperation mit der LWL-Universitätsklinik Hamm (bei Minderjährigen) und über die Universitätsklinik Witten/Herdeck des Marienhospitals Hamm (Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik) ebenfalls möglich. Falls spezifische, alternative therapeutische Angebote erforderlich sind, können die Mitarbeitenden an externe therapeutische oder psychiatrische Fachdienste vermitteln.

Pädagogik

Um die Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu unterstützen, ein möglichst selbstbestimmtes Leben in unserer Gesellschaft zu führen ...

  • bieten wir stabile, risikofreie Beziehungsangebote, die korrigierende Erfahrungen bewirken sollen, von Seiten der Mitarbeitenden und, fachlich begleitet, durch das Leben in der Gemeinschaft der Wohngruppe
  • unterstützen wir bereits vorhandene lebenspraktische Fähigkeiten: z.B. Kochen, Einkaufen, Putzen, Zeiteinteilung, Ämtergänge, Kontogründung
  • begleiten wir die Suche nach einer regelmäßigen Tagesstruktur, je nach individuellen Fähigkeiten und Neigungen
  • benennen und fördern wir die individuellen sozialen Kompetenzen und die individuellen Talente 
  • unterstützen wir die Suche und die Entwicklung von Hobbies und einem angemessenes Freizeitverhalten
  • entwickeln und gestalten den Kontakt zur Familie